Olorin zieht seinen Mantel enger um
sich. "Diese Kälte tut meinen alten Knochen nicht gut. Habt Ihr
Lust, mir Gesellschaft zu leisten, während ich mich
aufwärme? Ich habe auch noch einen Schluck für Euch
übrig, Meister Essansor."
"Gerne, die Seewinde gehen einem wirklich durch
und durch."
Als Aiunn ihrem Onkel die Treppe hinunter helfen
will, winkt dieser ab.
"Bleib nur hier Kind. Du scheinst die frische Luft
noch zu geniessen. Ich komme schon allein zurecht."
So gebrechlich scheint er wirklich nicht zu sein,
denn er bewältigt die Stufen zu den Kabinen ohne jegliche
Schwierigkeiten, obwohl die Treppe ziemlich steil ist.
Seine Kabine ist die komfortabelste des ganzen
Schiffes, geschmackvoll in dunklem Holz eingerichtet und mit allen
Bequemlichkeiten ausgestattet, die man an Bord eines Schiffes
erwarten kann. Der Lehnstuhl, in dem Du Platz nimmst, ist sehr
bequem.
Olorin kramt ein versiegelte Amphore aus einer
Reisekiste hervor und öffnet sie. Er riecht genüsslich
daran.
"Ahhh, Apfelbrannt aus Lynortis, eines der besten
Dinge, die Götter den Menschen gegönnt haben." Er zwinkert
Dir zu. Dann schenkt er die klare, goldraune Flüssigkeit in zwei
Becher und reicht Dir einen davon. Der Schnaps rennt wohlig warm
durch Deine Kehle und breitet sich angenehm in Deinem Magen
aus.
Bald seid ihr tief in einem Gespräch
über die Städte und Regionen Eures Heimatlandes. Olorin hat
ganz offensichtlich eine genaue Kenntnis Narsarias, seiner Menschen
und seiner Politik. Er selber ist aber nicht das Oberhaupt seiner
Familie, sein Bruder ist der ältere und sitzt im Rat von
Dar-Maran. Schliesslich schwenkt das Thema auf das Ziel Eurer Reise
über.
"Nach allem, was ich gehört habe, machen
unsere Kaufleute recht gute Geschäfte im Königreich
Gwynneth, es scheint also nicht unbedingt ein armes Land zu sein.
Wahrscheinlich beginnen die Leute jetzt langsam, die Segnungen der
Zivilisation zu erkennen - daher Euer Auftrag."
"Das mag schon sein, aber was mich wundert ist,
dass es EUCH in diese abgelegene Gegend zieht. Sicherlich gibt es
Tempel des Saër in Narsaria, zu denen man pilgern
könnte."
Seine Augenbrauen ziehen sich plötzlich etwas
zusammen. "Der Kult des Saër ist etwas anderes in Gwynneth als
in Narsaria. Seine Priester sind dort wirklich die Richter des
Landes. Seine Tempel sind echte Stätten der Rechtsprechung und
Gerechtigkeit, nicht abgelege Orte des Lernens, wie bei uns. Unsere
Tempel des Saër kann man kaum noch von denen der Niamut
unterscheiden."
Olorin verstummt, und Du merkst, dass die
Götter kein Thema sind, über das man mit ihm diskutieren
kann. Er kommt Dir seltsam vor, auf der einen Seite sehr weltlich,
bewandert in Politik und geniesserisch, andererseits aber anscheinend
tief religiös. Oder ist diese Gläubigkeit nur
vorgetäuscht?