Adventures

Sword

Morten und Tim

RUNDE: 1

DATUM: Die Monde Etlarn und Rimaïl nach tlaroianischer Zeitrechnung

ORT: An Bord des narsarianischen Handelsschiffes "Celara"

Seit ein paar Tagen liegt eine gewisse Spannung über dem Schiff, sogar Tim scheint gelegentlich an etwas anderes als Aiunn zu denken. Im steht seine erste echte Prüfung als Navigator der "Celara" bevor: Ulgors Schlund.

Letzte Nacht hat der Ausguck ein Licht am Horizont ausgemacht, das "Schlundfeuer". Vor gut sechzig Jahren wurde ein Leuchtturm auf einer einsamen Felseninsel errichtet, um die Seefahrer vor dem Schlund zu warnen. Er leistet gute Dienste, aber immer noch ist die Durchfahrt ins Meer der Kälte kein alltägliches Ereignis.

Im Morgengrauen haben Kapitänin Fiarel, Tim und Ylor zusammen die Aufzeichnungen der Navigatorengilde gewälzt, um den richtigen Zeitpunkt für die Durchfahrt zu bestimmen. Zwei lange Stunden wurden die Segel gerefft, und die "Celara" lag träge in der Dünung. Fiarel brachte vor der ganzen Mannschaft Ulgor, dem Herrn der Tiefen, ein Speiseopfer dar und bat um den Segen Ulans, um das Schiff vor dem Zorn seines dunklen Bruders zu beschützen.

Nun sind alle Segel wieder gesetzt, und die "Celara" jagt wie ein rassiges Rennpferd über die Welten. Rechter Hand ragen die gezackten Klippen des Kap Tulannon wie abgebrochene Zähne aus dem Meer empor, und linker Hand ist die gegenüberliegende Küste als dunkler Streifen am Horizont zu sehen. Das Fahrwasser wird zunehmends enger.

Tim steht auf dem Achterdeck, das Ruder fest im Griff. Ylor und ein Matrose sind bereit, ihm zur Seite zu springen, falls das nötig werden sollte. Die Kapitänin steht an der Reling des Achterdecks und beobachtet Schiff und Mannschaft genau aber gelassen. Für sie ist Ulgors Schlund nichts Neues mehr. Sie hat die Passagiere gebeten, sich unter Deck zu begeben, aber Aiunn und Morten haben sich geweigert, nicht bereit, sich dieses Schauspiel entgehen zu lassen. Mit Leinen gesichert stehen sie an der Backbordreling, an einer Stelle, an der sie möglichst wenig im Weg sind. Die Mannschaft ist bereit - es kann losgehen.

Ein zuerst nur unterschwelliges Dröhnen ist langsam immer lauter geworden und beginnt nun, alle anderen Geräusche zu übertönen. Jetzt ist es ein Donnern, und es scheint von überall zu kommen. Der Horizont sieht seltsam aus, und dann senkt sich der Bug des Schiffes, und die "Celara" fährt in Ulgors Schlund hinein.

Vor dem Schiff erstreckt sich ein riesiger Strudel über die ganze Breite des Fahrwassers, wohl 2 Meilen im Durchmesser. Donnernd und tosend verschwinden hier, wo Meer der Kälte und Narsariansiche Meer sich treffen, die graugrünen Wassermassen im Nichts.

"Segel reffen!", erschallt Tim's Kommando über dem Dröhnen des Mahlstroms. Wenn die "Celara" hier versuchte, gegen die Strömung zu segeln, würden ihr wahrscheinlich die Masten abgerissen. Tim hat das Schiff aber nicht geradeaus in den Trichter des Strudels gesteuert, sondern schräg, in der Richtung seiner Drehung. Schon vorher schnell, wird die "Celara" jetzt durch die Strömung noch weiter beschleunigt und schiesst förmlich durch die Wellen. Aber keine noch so grosse Geschwindigkeit reicht aus, das Schiff aus den Klauen des Schlunds zu entreissen. Tim hat gar keine andere Wahl, als es in der Kreisströmung zu halten. Schon ist die "Celara" auf der anderen Seite des Strudels und dem bodenlosen Loch in der Mitte ein gutes Stück näher.

Morten fragt sich, wie sich das Schiff je wieder hieraus befreien soll. Aber als er das Zentrum des Strudels genau beobachtet, erkennt er eine Veränderung. Der Strudel beginnt sich aufzulösen! Langsam aber sicher wird das Dröhnen leiser und der Trichter flacher. Das Loch ist plötzlich nicht mehr bodenlos, sondern verliert immer mehr an Tiefe. Einmal, zweimal umkreist das Schiff noch den Strudel, dann kommt das Kommando "Segel setzen!", und Tim drückt das Ruder herum. Wie ein Schleuderstein verlässt die "Celara" ihre Kreisbahn und bricht aus der unheilvollen Anziehungskraft des Schlunds aus. Morten und Aiunn blicken zurück, und nur die unruhige See verrät, dass hier eben noch ein gewaltiger Mahlstrom war.

Erleichtert wollen sie aufatmen, als sie die immer noch angespannten Mienen der Seeleute sehen. Die Gefahr ist noch nicht vorbei. Alles scheint ruhig, aber die Stille nimmt unversehends eine bedrohliche Qualität an. Die ganze Welt scheint den Atmen anzuhalten.

Dann erschüttert ein ohrenbetäubender Donnerschlag die "Celara" und zerfetzt fast die Segel. Hinter dem Schiff bäumt sich das Meer auf. Eine riesige Fontäne schiesst zum Himmel empor und schleudert gewaltige Wassermassen von sich. Und dann erkennt man die Gefahr. Eine Flutwelle wälzt sich an das Schiff heran. Höher und höher steigt die grüne Wasserwand, bis sie den ganze Himmel einzunehmen scheint. Tims Blick ist jetzt nicht mehr nach vorne, sondern nach hinten gerichtet. Ein paar kleine Kurskorrekturen lassen das Heck genau auf die Welle zeigen. Dann ist sie heran und hebt das Schiff empor. Jeder klammert sich fest so gut er kann, denn die Regeln der Schwerkraft scheinen aufgehoben. Der Bug des Schiffes zeigt hinunter in die Tiefen Ulgors, das Heck ragt in den Himmel. Aufwärts geht es mit schrecklicher Geschwindigkeit. Einen Moment lang scheint das Schiff frei in den Lüften zu schweben, und dann geht es auf der anderen Seite hinab. Fast wie aus dem freien Fall kracht die "Celara" wieder in ruhigere Gewässer. Eine Weile noch wird das Schiff von den Folgewellen hin und her geschleudert, aber die Gefahr ist vorrüber.

Fiarel nickt Tim anerkennend zu und begibt sich gelassen unter Deck, während Morten und Aiunn auf das Achterdeck klettern. Noch etwas bleich schüttelt Morten Tim Kallar die Hand.

"Gute Arbeit, Mann. Ich habe nicht gewusst, dass diese Reise so Aufregendes zu bieten hat."

In Aiunns Augen leuchtet ein seltsames Feuer. Plötzlich umarmt sie Tim und flüstert: "Das war sehr aufregend." Ein leichter Kuss streift seine Wange. Dann verschwindet Aiunn in Richtung ihrer Kabine.

"Ich hoffe wir haben nicht mehr von diesen kleinen 'Hindernissen' vor uns", meint Morten.

Tim schaut Aiunn hinterher, und es scheint, als ob er durchaus gewillt wäre, noch ein dutzend Mal durch Ulgors Schlund zu fahren.

Mit welchen Erlebnissen soll es weitergehen?

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