DATUM: 10. Aleet (Geistertag, Feuerwoche, Elrani) - Mittags
Du gerätst in einen kurzen Hustenanfall, als Du Dich vor Schreck an einem
Stück Apfel verschluckst. Ist es möglich, daß die Reiter Arwen und Dir bis
zum Forsthaus folgen konnten?
Nach kurzem Überlegen entscheidest Du Dich dafür, daß die beiden Reiter
wohl zufällig auf der Suche nach Arwen das Forsthaus aufgefunden
haben oder sich einfach gut genug in der Gegend auskennen.
Schnell rufst Du - nicht zu laut - nach der Försterin. Ein schneller Blick
aus dem Fenster zeigt Dir, daß einer der Reiter am Waldrand sein Pferd
angehalten hat, während der andere auf das Forsthaus zu kommt. Verdammt,
denkst Du, damit wird es schwierig, ungesehen in den Wald zu kommen.
"Was ist los?" Die Stimme der Försterin reißt Dich aus Deinen Gedanken.
"Gute Frau, ich muß schnell handeln. Dort am Waldrand sind zwei der
Reiter aufgetaucht, die uns seit heute morgen verfolgen."
Erschreckt fährt sie mit der Hand zum Mund und wird bleich.
"Beruhigt Euch ! Ich kann mir nicht vorstellen, daß Euch Gefahr droht, da
sie an ihrer Hoheit oder vielleicht an mir interessiert sind."
Ein unmöglicher, tollkühner, lächerlicher, geradezu fantastisch
klingender Plan reift in Ajacs Gehirn.
"Vielleicht haben sie mich ja nicht gesehen und würden mich nicht erkennen.
Gute Frau, schnell, habt ihr einen Hut und einen Mantel Eures Mannes?
Ich werde für kurze Zeit die Rolle eines Eurer Bekannten aus dem Dorf
übernehmen, der Euch bei der Arbeit etwas zur Hand geht."
Sie nickt, verschwindet kurz durch die Tür hinter ihr und kehrt nach wenigen
Augenblicken, mit einem alten Mantel und einem Schlapphut zurück.
Sie reicht Dir die Sachen, blickt aber zweifelnd. "Eure Sprache wird Euch
verraten."
Verdammt, daran hattest Du nicht gedacht. Mit den zwei Brocken Gwin, die
Du sprichst, wirst Du kaum als Einheimischer durchgehen, und das Andemachat,
daß hier auch gesprochen wird, klingt deutlich anders als Deines.
"Ich weiß", stößt Die Försterin hervor. "Ihr seid der stumme Galad aus dem
Dorf. Stellt Euch einfach ein wenig dumm, und überlaßt mir das Reden."
Du nickst, fährst in den Mantel und stülpst Dir den Hut auf. Dann zwinkerst
Du der Frau mutmachend zu, greifst Dir die Axt, die neben der Tür an einem
Haken hängt, und verläßt die Hütte, um vorzugeben, Brennholz hacken zu
wollen.
Der eine Reiter hat sich offensichtlich nur langsam und vorsichtig genähert,
hat jetzt aber das Haus fast erreicht. Nach ein paar Schritten gibst Du vor,
ihn erst jetzt zu bemerken und bleibst wie angewurzelt stehen. Der Reiter
hält kurz an und betrachtet Dich mißtrauisch, nähert sich dann aber wieder.
Schließlich zügelt er sein Pferd direkt neben Dir. Du schaust hinauf in ein
ebenmäßiges, fast gutaussehend zu nennendes Gesicht. Nur die anscheinend
mehrfach gebrochene und schlecht verheilte Nase stört den Gesamteindruck.
"Wer bist Du?" fährt Dich der Reiter an - glücklicherweise spricht er
Andemachat.
Verständnislosigkeit vortäuschend starrst Du ihn an und zuckst mit den
Schultern.
"Was ist los? Antworte gefälligst, wenn ich Dich was frage!"
Wieder blickst Du ihn nur an und machst verständnislose Gesten. Da nimmt er
seinen Fuß aus dem Steigbügel und versetzt Dir einen Tritt gegen die Brust,
der Dich zu Boden wirft. Ein heftiger Schmerz zuckt Dir durch die Rippen
und Du ringst nach Luft, als Du versuchst, wieder auf die Beine zu kommen.
"Laßt ihn in Ruhe!" Der Ruf kommt von der Försterin, die in der Haustür
erschienen ist. "Er kann nicht sprechen." Sie eilt zu Dir hin und hilft Dir
aufzustehen.
Der Reiter schwingt sich aus dem Sattel und zeiht sein Schwert. Im
Hintergrund kannst Du sehen, wie sich jetzt auch der andere nähert.
"Ist das Dein Haus?" raunzt der Mann die Försterin an.
"Das Haus meines Mannes. Er ist der Förster. Das hier ist nur Galad, der mir
im Haus hilft." Sie stellt sich schützend vor Dich. "Und wer seid Ihr?"
"Das geht Dich einen Dreck an. Wo ist Dein Mann?"
"Im Wald. Er kann aber jeden Moment wiederkommen."
Ihr Gegenüber grinst bösartig und entblößt dabei eine lückenhafte Reihe
gelber Zähne. "Besser für ihn, wenn er nicht so bald kommt."
Inzwischen ist der andere Reiter heran gekommen. Er ist etwas älter als sein
Kumpan, schwerer gebaut und sein Gesicht ist von Pockennarben zerfressen.
Er blickt ziemlich finster auf Euch, als er seinen Begleiter anspricht.
"Rogren, laß sie uns ins Haus schaffen."
Der mit Rogren angesprochene dreht sich etwas unwillig zu dem anderen um
und starrt ihn einen Moment an.
"Na gut." Er wendet sich wieder zu Euch und macht eine herrische Handbewegung
in Richtung Haus. "Los, rein mit Euch, aber zackig!"
...
Kurz darauf sitzt Du zusammen mit Ilienn der Försterin auf dem Fußboden des
Wohnraumes. Ihr werdet von dem Pockennarbigen bewacht, während der andere
das Haus durchsucht. Ihr könnt ihn nebenan Schränke und Truhen durchwühlen
hören. Der Pockennarbige verhört Ilienn.
"Sind hier heute Fremde vorbei gekommen?"
"Nein," sie tut verwundert. "Hier kommen nie Fremde vorbei."
"Wehe, du lügst mich an." Dann schaut er dich an. "Und Du? Hast Du jemanden
gesehen?" Dabei gibt er Dir einen Tritt.
Du schüttelst den Kopf, handelst Dir damit zwar einen weiteren Tritt ein,
aber dann läßt er von Dir ab. Statt dessen setzt er sich auf den Tisch,
nimmt sich einen Apfel und beginnt, ihn mit seinem Dolch zu schälen.
Offensichtlich wartet er auf Rogren.
Schließlich kehrt dieser zurück, zufrieden an einem Stück Räucherfleisch
kauend, daß er offensichtlich aus der Räucherkammer hinter dem Haus
mitgenommen hat.
"Niemand da. Die beiden sind alleine."
"Hm. Sie wollen auch keinen gesehen haben", antwortet ihm der Pockennarbige.
"Bist du sicher? Vielleicht sollten wir noch mal nachfragen." Mit diesen
Worten tritt er an die Försterin heran. "Ich will mich gerne noch näher
mit ihr hier unterhalten." Er packt sie an den Haaren und zieht ihren Kopf
nach hinten.
Fieberhaft rasen Dir die Gedanken durch den Kopf. Was kannst Du tun, um
hier Schlimmes zu verhindern? Körperlich hast Du den beiden brutal
aussehenden Typen nichts entgegen zu setzen. Zaubern? Äußerst riskant,
denn Du hast keine Ahnung, ob Du schnell genug bist, um beide zu überrumpeln.
"Laß die Spielereien, Rogren", meldet sich da der Pockennarbige. "Wir haben
keine Zeit dazu."
"Scheiße. Kannst Du mir nicht mal meinen Spaß lassen, Dugal?
Götterverflucht!"
"Turgan reißt Dir den Arsch auf, wenn Du unsere Zeit mit Deinem Spaß
verplemperst."
Der Name Turgan scheint Rogren einigen Respekt einzuflößen. Zumindest läßt
er Ilienn los. "Na gut. Dann laß uns abhauen."
...
Nachdem die beiden weg sind, sitzt ihr noch eine Weile stumm auf dem
Boden.
"Es tut mir leid, daß ich Euch so in Gefahr gebracht habe", bringst Du
schließlich hervor.
Die Försterin schüttelt den Kopf. "Sie wären so oder so gekommen. Vielleicht
wäre es noch schlimmer gekommen, wenn Ihr nicht hier gewesen wäret." Etwas
mühsam steht sie auf und streicht sich die Haare zurecht. "Ich glaube, ich
möchte jetzt ins Dorf. Dort werde ich mich sicherer fühlen. Hoffentlich
ist meinem Mann nichts geschehen."
...
Anderthalb Atlai später. Du sitzt in Haus des Dorfschulzen bei Deiner ersten
vernünftigen Mahlzeit seit heute morgen. Um Dich herum haben sich die Bauern
des Dorfes versammelt und diskutieren erregt über die Ereignisse, von denen
Du ihnen gerade berichtet hast. Auch sie scheinen keine Ahnung zu haben, wer
diese mysteriösen Angreifer sind. Graf Tamaig scheint aber beliebt oder
zumindest respektiert zu sein, so daß man sich einige Sorgen um ihn macht.
"Herr Ajac, " wendet sich der Dorfschulze - sein Name ist Agerd - nach
einiger Zeit wieder an Dich, "wie können wir Euch behilflich sein? Leider
haben wir kein Pferd im Ort, aber es könnt Euch jemand nach Llannaid
begleiten, wenn ihr wollt. Oder Ihr könnt auch hierbleiben und warten. Es
wird sicherlich bald Hilfe kommen."