DATUM: 9. Aleët (Richttag der Feuerwoche des Monats Elrani) - Früh morgens
Der Atem der Menschen und der Pferde
hängt an diesem Morgen schwer in der Luft, als sich die
Jagdgesellschaft im Burghof zum Aufbruch bereit macht. Der Himmel ist
klar und über Nacht ist ein kernwärtiger Wind aufgekommen
und hat eine unangenehme Kälte mitgebracht.
Meister Ciall ist mit seinen Jägern und dem
Gesinde schon gestern aufgebrochen, um im Forst von Dannmar alles
für die Ankunft des Grafen und seiner Gäste vorzubereiten.
Daher besteht die Gruppe heute ausser Euch nur aus dem Grafen, seiner
Nichte Arwen, dem Priester Camren und einer Abteilung von zwölf
Gardisten unter der Führung von Hauptmann Brandon ap
Riados.
Graf Tamaig gibt das Zeichen zum Aufbruch, alle
besteigen die Pferde, die schon ganz ungeduldig sind, und dann geht
es durch das Burgtor hinaus in die Stadt und weiter in Richtung zum
Forst von Dannmar.
...
Der Ritt geht zügig und ereignislos voran.
Morten und Ajac haben sich ganz gut an ihre Reittiere gewöhnt
und kommen zurecht. Hauptmann Brandon hat zwei Gardisten voraus
geschickt und hält sich mit dem Rest der Begleitmannschaft am
Ende der Gruppe.
Der Graf unterhält sich bevorzugt mit Morten.
Die anderen können aus vereinzelten Fetzen des Gespräches
entnehmen, dass Morten vom Grafen nach Llannaid geholt worden ist, um
mehrere grosse Projekte zur Stadtverbesserung zu planen.
Arwen hält sich bevorzugt an Gwendon, und
gelegentlich ist eine Zeile eines Gedichtes oder eines Liedes zu
hören, das der Barde vorträgt. Die beiden scheinen sich zu
amüsieren.
Camren hat eine Unterhaltung mit Turras und
Garthan angefangen, und lässt sich über den Kult des
Saër in Gwynneth aus. Turras ergreift die Gelegenheit, um eine
Frage loszuwerden, die ihm schon seit einiger Zeit auf der Zunge
liegt, und auf die ihm weder Liogam noch die Geschwister Maduk
Auskunft geben konnten.
"Am Tag der Brüder waren einige
Ausländer im Tempel des Saër, darunter auch zwei Priester.
Ich habe sie nach dem Götterdienst mit dem Grafen reden sehen.
Wurden sie nicht zur Jagd eingeladen?"
Camren weiss offensichtlich, von wem Turras
spricht. "Ja, das war ein Narsarianer namens Olorin Giamantor. Eine
recht bedeutende Persönlichkeit aus Dar-Maran, der Hauptstadt
von Narsaria, soweit ich weiss. Er hat dem Grafen einen
Respektsbesuch abgestattet, aber er befindet sich auf einer
Pilgerfahrt nach Gwynnin, und Graf Tamaig fand es daher unpassend,
ihn zu einer Vergnügung einzuladen. Die Saërpriester
begleiten ihn auf der Reise."
"Eine Pilgerfahrt nach Gwynnin? Ist der Tempel
dort bedeutend?"
"Allerdings. Er ist einer der ältesten und
wahrscheinlich der berühmteste auf dieser Seite der Garwant
Doriennar. Dort werden auch einige Reliquien aufbewahrt, so zum
Beispiel das "Herz aus Eis" und die "Heilige Waage", mit der der
Standard für alle Gewichte in Gwynneth festgelegt wird."
...
Gegen Mittag erreicht ihr den Forst. Grosse Eichen
und Buchen überschatten den Pfad, der weiter in den Wald hinein
führt. Der Boden ist recht frei von Unterholz, aber hoch bedeckt
vom Laub des letzten Sommers. Grau und kahl ragen die Bäume auf,
nur die Eichen tragen noch alte, braune Blätter. Trotzdem vermag
die schwache Herbstsonne kaum, den Wald zu erhellen, und ein graues
Zwielicht erstreckt sich unter den Bäumen so weit der Blick
reicht.
Graf Tamaig führt Euch über einen
schmalen Weg weiter in den Wald hinein und nach einiger Zeit erreicht
ihr eine Lichtung, auf der Zelte aufgeschlagen sind. Ein kleiner Bach
fliesst plätschernd an ihrem Rand entlang, und auf der anderen
Seite beginnt der Hang des nächsten Hügels. Die Lichtung
selbst ist nur mit Gras bewachsen, das jetzt braun und dürr ist.
Einige unregelmässige Erhebungen könnten die Überreste
von Mauern oder Gebäuden sein, und unter den Bäumen auf dem
gegenüberliegenden Hang sind bearbeitete Steine und die Reste
von Mauerwerk zu sehen.
Meister Ciall kommt Euch entgegen und verbeugt
sich vor dem Grafen. "Die Vorbereitungen sind fast abgeschlossen, die
Unterkünfte für Euch und Eure Gäste stehen bereit,
Eure Hoheit."
Graf Tamaig schaut sich zufrieden um. "Sehr gut,
Ciall. Sind die Treiber bereit?"
"Ich habe sie schon losgeschickt. Sie werden uns
morgen das Wild wie üblich auf das Tal des Baches zutreiben.
Meine Männer berichten mir, das sich zwei kapitale Hirsche im
Revier befinden. Ihr könnt also auf gute Jagdbeute hoffen, Eure
Hoheit."
"Ausgezeichnet. Wir werden morgen eine Atlai nach
Sonnenaufgang beginnen." Dann wendet sich der Graf an euch. "Bitte
erweist mir die Ehre und speist heute abend in meinem Zelt. Ich halte
an einer alten Familientradition fest, am Abend vor einer Jagd
gemeinsam zu essen und Geschichten auszutauschen."
Ihr stimmt zu, und dann zeigt Euch Ciall Eure
Zelte. Ajac, Garthan, Gwendon und Turras sind gemeinsam
untergebracht, während Morten zusammen mit dem Priester Camren
und Hauptmann Brandon ein Zelt bekommt. Der Graf und seine Nichte
habe natürlich beide ein eigenes. Die Zelte sind nicht
luxuriös, aber bequem ausgestattet, und es sind Bedienstete
anwesend, die sich um alle anfallenden Arbeiten kümmern. Ihr
könnt es Euch also bequem machen.
...
Ihr habt gut gegessen, und es Euch nun im Zelt des
Grafen gemütlich gemacht.
Reihum erzählt Ihr Geschichten aus Eurer
Heimat oder von Euren Reisen. Gwendon trägt eine seiner
Erzählungen
über den Eiskönig vor und
versucht allen bewusst zu machen, dass dieser eine akute Gefahr ist.
Camren ist ein sehr guter Erzähler, und seine Geschichte
über einen Jäger und dessen Kampf mit einem Eber erntet
einigen Beifall. Arwen singt ein Lied über den Herbst und alle
bewundern ihre klare Stimme. Graf Tamaig selbst erzählt von den
Reisen, die er in seiner Jugend unternommen hat, besonders über
seine Fahrten nach Narsaria. Man kann heraus hören, dass ihn
dieses Land sehr beeindruckt hat. Hauptmann Brandon scheint sich in
der Rolle des Erzähler nicht besonders wohl zu fühlen, und
seine Wiedergabe der Legende von Donar Schwertträger ist sehr
knapp und wenig lebhaft.
Schliesslich beendet der Graf den Abend, mit dem
Hinweis, dass man am nächsten Morgen ja früh aufstehen
will. Als alle gerade dabei sind, dass Zelt zu verlassen, bittet er
jedoch noch Turras, einen Augenblick zu bleiben. Die anderen begeben
sich zurück in ihre Zelte.