Es fing alles damit mit meinem Hinweis auf die Webseite an:
Mert und Uwe antworteten:Ralf S. wrote:Wie Mert letztlich feststellte, findet man schon seit langem eine Darstellung von Jhendors mythologischem Hintergrund auf der Jhendor-Website.
Besonders diese beiden Text enthalten Material über Malvin, Yscir (der Eiskönig) und Teclador (sein Bruder, der die Menschen schuf), das inzwischen zum größten Teil auch euren Charakteren bekannt ist - wenn auch nicht alles in dieser klaren Form und Eindeutigkeit.
http://jhendor.de/legends/index.html#overview
http://jhendor.de/legends/creation.htm
Mert wrote:Mach das nächste Mal Spoiler-Warnungen. Da erarbeitet man sich über JAHRE hinweg ein eigenes Weltbild und dann steht das alles in der Jhendor-Bedienanleitung.
Daraus entspann sich die folgende Diskussion.Uwe wrote:Es kommt darauf an, wie man einen mythologischen Hintergrund akzeptiert, aber durchaus auch präsentiert.
Das griechische Wort ist zusammengesetzt aus den Teilen mythoi = Geschichten und legein = erzählen. Ist eine Mythologie eine Sammlung von Erzählungen von universalen Ereignissen? Oder ist es eine Art historischer Abriss feststehender Tatsachen?
Eine Hirten- und Nomadenkultur wie die der Larman hat etwa eher ein animistisch-spirituelles Weltbild als eine bäuerliche Stammeskultur oder ein durch städtische Zivilisation geprägtes Volk. Gibt es für alle von ihnen eine Universalwahrheit? Sind ihre Glaubensvorstellungen und Überzeugungen allesamt nur verschiedene Ausprägungen einer einzigen Geschichte, die einmal stattgefunden hat?
Als eine Art geistige Handlungsanweisung für einen Jhendor-Charakter würde ich eine solche Darstellung nicht lesen und nicht verstehen. Zumal höchstens solche Charaktere wie die unseren, die ja wirklich Dinge gesehen, erlebt und auch initiiert haben, welche weit jenseits dessen liegen, was sich "Joe Average" gleich welcher Kultur Jhendors üblicherweise auch nur vorstellen kann, einen Blick auf "Die Wahrheit" bekommen.
In meiner Spielwelt, dem Mundus, habe ich mehr oder weniger das Erarbeiten universaler Hintergründe eingestellt. Das heisst, die Glaubensvorstellungen eines hyborischen Elagiten sind ebenso "wahr" oder "falsch" wie die eines caerschen Einundzwanzigers oder eines piktischen
Schamanen. Ich finde, dass eine Spielwelt gerade auch durch das zusammentreffen verschiedener Glaubens- und Weltbilder sehr viel Farbe
gewinnen kann. Und das ein rein manichäisches Weltbild (Gut - Böse ; Ordnung - Chaos) sich mit der Zeit einfach sehr abnutzt.
Ich finde es übrigens auch okay, wenn Ralf solche "Fakten" zu einem Zeitpunkt präsentiert, da sich das Spielgeschehen auf Jhendor langsam
einem Ende entgegenbewegt.
Ralf S. wrote:Uwe wrote:Das griechische Wort ist zusammengesetzt aus den Teilen mythoi = Geschichten und legein = erzählen. Ist eine Mythologie eine Sammlung von Erzählungen von universalen Ereignissen? Oder ist es eine Art historischer Abriss feststehender Tatsachen?
Hier sind es schon eine Reihe feststehender Tatsachen ... wie es in Fantasy-Welten üblich ist. Das "Lied der Ainu" in Tolkiens Geschichte Mittelerdes ist ja auch ein Faktum, und die ganzen Ereignisse im Herr der Ringe basieren auf einer "wahren" Geschichte - nicht auf verschiedenen Überlieferungen "wie es gewesen sein könnte".
Das heißt natürlich nicht, dass den Charakteren Handlungsanweisungen gegeben werden. Die Interpretation der Ereignisse ist offen - und ich
denke, ein klares Gut-Böse ist nicht vorhanden. Ordnung-Chaos schon eher, aber da sind beide Extreme schwierig und die Menschen müssen immer ihren Mittelweg finden. Der Unterschied liegt zwischen den Charakteren und Spielern - die "Wahrheit" der Charaktere kann unter Umständen extrem von der objektiv erkannten "Wahrheit" der Spieler abweichen.
Ich finde einen solchen einigermaßen klaren Kern der Weltgeschichte oder Mythologie (wie auch immer man es nennen will) in Fantasy-Geschichten recht wichtig - gerade wenn sie episch werden oder werden sollen. Sie bilden die "Geschichte" (im Sinne von Handlung) der Welt, mit der sich die Spieler auseinandersetzen können. Wenn alles relativ und unwissbar ist, kann die Mythologie bzw. Weltgeschichte nicht die Quelle sein, aus der sich die Handlung speist. Das muss dann etwas anderes sein, z.B. aktuelle politische/soziale Konflikte, persönliche Beziehungen, einzelne Charaktere - meistens eher weniger epische Dinge.
Eine epischen Handlung bedeutet natürlich auch, dass es irgendwann zu seinem Höhepunkt und damit einem Ende der "Welthandlung" kommen muss. Das heißt nicht, das die Welt aufhört zu existieren, aber dass die Geschichte vor der die Charaktere handeln zu einem Ende kommt. Mit der Vernichtung des Rings ist die "Handlung" Mittelerdes vorbei. Die Geschichte geht weiter, aber es ist keine erzählenswerte "Geschichte" mehr. Mit dem Sieg oder der Niederlage des Eiskönigs, ist die Handlung auf Jhendor erstmal vorbei - eine neue Erzählung wäre vorstellbar, aber sie müsste ihre Nahrung aus einer neuen "Welthandlung" beziehen.
Hier im Beispiel Jhendors ist es für mich wichtig, dass dem Konflikt mit dem Eiskönigs (zumindest am Ende) erkennbare "Fakten" zu Grunde liegen; er muss erklärbar sein. Das liegt sicher auch daran, dass für mich Logik und Nachvollziehbarkeit der Handlung IMMER ein wichtiger (vielleicht der wichtigste) Bestandteil ist. Das geht mir nicht nur im Rollenspiel so. Ich denke, dass das eine Stärke meiner Rollenspielkampagnen ist.
Insofern würde ich die "Unwissbarkeit" des Hintergrunds einer Welt wie Uwes Mundus bedauern. Wenn ich auch kein Problem damit habe zu akzeptieren, dass meine Charaktere die Welt nicht vollständig "verstehen" können, würde ich es als Spieler doch gerne tun oder zumindest das Gefühl haben, es irgendwann zu können.
Uwe wrote:Ich habe auf Dauer auch Problem, wenn Rollenspiel zu berechenbar wird. Wenn alles stringent, nachvollziehbar, in logischen Schritten ablaufend, stets plausibel abläuft, geht mir auf Dauer genau der Aspekt verloren, der mich gerade am phantstischen Rollenspiel besonders fasziniert. Umgekehrt kann ich es verstehen, wenn man sich gegen Beliebigkeit und Willkür ausspricht. Es ist ein Abwägen zwischen verschiedenen Sicht- und Betrachtungsweisen.
Das ist es etwa auch, was mich an dem fasziniert, das mich heute Abend vom Kommen abhält, dem Fußball. Dieser ist in großen Teilen sehr berechenbar. Es gibt ausgefeilte und eingeübte Taktiken, Profile der Eigenschaften von Spielern und Mannschaften, die Veranstaltungen werden so genau geplant, wie es nur irgendwie geht - und dann kommt ein Moment des Unplanbaren, Unvorhersehbaren und Chaotischen und alles ist plötzlich anders!
Da ich mein eigenes Leben auch nicht immer logisch verläuft und manches unplanbar und chaotisch ist, erwarte ich auch von einer fiktiven Welt nicht, dass diese in allen Aspekten klar definierten Regeln folgt. Aber dies ist sicher eine persönliche Betrachtungsweise, der ich keinen Anspruch auf Universalität verleihen möchte.