Du ziehst Arwen zurück ins Zelt.
"Das sieht gar nicht gut aus. Wir verschwinden besser, kommt
mit!"
Einen Moment schaut sie Dich ganz benommen an,
aber dann nickt sie. "Das sind keine Räuber, dafür sind sie
viel zu gut bewaffnet. Das sind Soldaten."
"Das ist jetzt ziemlich irrelevant. Für
solche Überlegungen haben wir später noch Zeit -
hoffentlich." Mit diesen Worten ziehst Du sie zur zur Rückseite
des Zeltes, wo eine Feldküche eingrichtet ist. Eine Öffnung
gestattet den Bediensteten Zutritt, ohne dass sie durch den vorderen
Teil des Zeltes müssen. Zwei verängstigte Mägde haben
sich in eine Ecke gekauert. Von draussen ist Hufgetrappel, Geschrei
und das Geklirr von Schwertern zu hören. "Schnell, schaut nach,
ob wir hier rauskönnen, ohne gesehen zu werden!" sagt Arwen und
deutet auf die Zeltöffnung.
Als Du vorsichtig hinausspähst, siehst Du,
dass es nicht gut steht. Die restlichen Gardisten, nur noch ein
halbes Dutzend, wehren sich tapfer, werden der Übermacht aber
nicht mehr lange standhalten können. Mehrere Zelte sind von den
Reitern niedergerissen worden, und Du wirst Zeuge, wie einer der
Angreifer gnadenlos zwei unbewaffnete Knechte niedermacht. Aber der
Waldrand ist nicht weit entfernt, und vielleicht habt Ihr eine
Chance, ihn unbemerkt zu erreichen.
Du drehst Dich zu Arwen um, die die beiden Frauen
einigermassen beruhigt und zum Aufstehen bewegt hat. Einer Eingebung
folgend raffst Du ein paar Lebensmittel zusammen und steckst sie in
Deine Taschen.
"Schnell, wir haben eine Chance zum Wald zu
kommen, wenn wir uns beeilen." Arwen nickt. Gemeinsam schaut Ihr aus
dem Zelt und wartet eine einigermassen günstige Gelegenheit ab.
"Jetzt!" raunst Du, als niemand auf das Zelt zu achten scheint, und
Ihr rennt so schnell Ihr könnt auf den Waldrand zu, die beiden
Mägde direkt hinter Euch.
Ein Schrei lässt Dich herumfahren. Aus dem
Getümmel des Lagers kommt ein einzelner Reiter direkt auf Euch
zugesprengt, die Streitaxt zum Schlag erhoben. Du hast keine Zeit zu
zaubern. Kurzentschlossen packst Du Arwen und reisst sie mit Dir zu
Boden, aus der Reichweite der Axt des Angreifers. Aus den
Augenwinkeln siehst Du das heranrasende Pferd, dann hörst Du
einen gellenden Schrei, ein dumpfes Krachen, und der Reiter ist an
Dir vorbei.
Dich aufraffend siehst Du die
blutüberströmte Leiche der einen Magd im Gras liegen, die
andere Frau kniet mit panikgeweiteten Augen daneben auf dem Boden.
Aber Du hast keine Zeit zu helfen, denn der Reiter ist schon dabei,
sein Pferd zu herumzureissen.
Arwen ist aufgesprungen, ruft Dir zu: "Lauf!" und
rennt selbst wie der Wind auf den Waldrand zu. Du versuchst es ihr
nachzutun, aber Du bist längst nicht so schnell wie sie. Nur
quälend langsam kommen die rettenden Bäume näher, und
Du meinst schon,den Atem des Pferdes im Nacken spüren zu
können.
Aber Du schaffst es. Endlich bist Du unter den
Bäumen und hörst das Laub unter Deinen Füssen
rascheln. Als Du Dich umdrehst, siehst Du, dass der Reiter noch ein
gutes Stück entfernt ist. Leider hat der Wald nur wenig
Unterholz und wird den Soldaten nicht daran hindern, Euch zu folgen,
auch wenn er hier nicht galoppieren kann.
Arwen zieht an Deinem Ärmel, und Ihr lauft
noch einige Schritte tiefer in den Wald hinein. Aber Du beginnst bald
zu keuchen, und Sternchen flimmern vor Deinen Augen.
Zurückschauend siehst Du, dass Euer Verfolger näher
gekommen ist. Du bleibst stehen und lehnst Dich für einen Moment
an einen Baum, um wieder zu Atem zu kommen. Arwen fragt besorgt: "Was
ist los? Was tut Ihr?", aber Du bedeutest Ihr abzuwarten.
Der Reiter kommt näher. Du stellst Dich
aufrecht hin und beginnst, Dich auf Deine Ausbildung zu besinnen.
Welcher Zauberspruch? Keine Zeit für Experimente, also wird
Tiranons erprobter "Entzug der physischen Energien" herhalten
müssen. Und nicht zu schwach, damit es den Reiter auch im ersten
Versuch aus dem Sattel haut. Du konzentriest Dich, fixierst Dein
Ziel. Deine Hände zeichnen fast unbewusst die Runen des Spruches
in die Luft. Deine Zumge formt die arkanen Silben. Der Soldat kommt
in Reichweite. Perfekt formulierst Du die abschliessenden Worte und
leitest Deine geistige Energie auf das Ziel. Du spürst, wie sich
seine Willenskraft kurz gegen den Zauber sträubt, aber dann
bricht der Widerstand unter dem Ansturm Deiner Kraft zusammen. Du
kannst förmlich spüren, wie sich Puls und Atem des
Angreifers beschleunigen, sich seine Muskeln verkrampfen und dann
erschlaffen. Er schwankt und kippt langsam aus dem Sattel. Ein Fuss
bleibt im Steigbügel hängen, und das Pferd schleift ihn
noch ein paar Schritte über den Boden, bleibt dann aber stehen.
Einen Moment lang durchbricht nur das Schnauben des Pferdes die
Stille.
Arwen schaut Dich mit grossen Augen an: "Ihr seid
offensichtlich ein bisschen mehr als nur ein Traumdeuter."
Aber Du hast jetzt keine Lust, über deine
Fertigkeiten zu diskutieren.
"Ich schlage vor, wir versuchen zu den Ruinen zu
gelangen, die irgendwo da oben liegen." Du deutest den Hang hoch.
"Der Graf und meine Freunde müssen dort irgendwo sein."
Arwen runzelt die Stirn. "Und wenn sie auch schon
überfallen wordens sind? Wir sollten versuchen, zum Forsthaus zu
kommen. Das können wir in einer knappen Atlai erreichen."